Eigene Lernstrategien finden
Rückblickend auf eine 30-jährige Tätigkeit als Innenarchitektin, davon 21 Jahre im eigenen Büro, und weiterblickend auf die kommenden Jahre ist eines immer klarer geworden: Die Berufsgruppe der Innenarchitekten sichert ihren Fortbestand nur dadurch, wenn sie sich schon heute für das Neue von morgen interessiert. Gemeint sind damit die Veränderungen, die alle Bereichen des Lebens betreffen. Alles ist in Bewegung und nur im Zusammenhang mit einer Ausgewogenheit der Aspekte kann gelungene Innenarchitektur entstehen. Es genügt auf keinen Fall, Räume nur funktionell und wirtschaftlich auszustatten. Räume müssen darüber hinaus „positiv kommunizieren“ können, wenn man die Zeichen der Zeit und die Veränderungen für die Zukunft erkennt. Diese „Kommunikation der Räume“ sorgt für einen nonverbalen, regen Austausch der Gedanken und Informationen, für Entspannung oder für Ruhe, je nachdem, welches Ziel Existenz und Wirkung des Raumes haben sollen. Das klingt zunächst ganz einfach, beinhaltet jedoch eine ganze Menge an Hintergrundwissen, Erfahrung, intuitive Begabung und vor allem die philosophische Auseinandersetzung mit dem Leben, mit Zeitgeist und Lifestyle und welche Rahmenbedingungen für die Innenarchitektur eine Rolle spielen. Für diese Rahmenbedingunen sind vor allem soziale, wissenschaftliche, historische und wirtschaftliche Faktoren hauptsächlich ausschlaggebend.
Gute Planung setzt kontinuierliches Lernen voraus
Das Studium bietet zunächst die Basis für Ideen und Visionen und eine Übersicht der Zusammenhänge. Die ersten Berufsjahre lassen die Möglichkeit der Orientierung auf dem Markt zu und sorgen für den Überblick der Möglichkeiten zur Spezialisierung, je nach Begabung und Chancen. Spätestens dann wird deutlich, dass man sich für den persönlich richtigen Weg entscheiden muss. Soll man sich selbständig machen? Oder für andere arbeiten? Beide Wege können richtig sein, aber um dies für sich persönlich richtig zu entscheiden, bedarf es der aktiven Auseinandersetzung mit Berufsgenossen und der Materie schlechthin. Gelegenheiten zur persönlichen Wissensvertiefung bieten zum Beispiel Landesarchitektenkammern oder der BDIA mit Fortbildungsangeboten. Die Nähe zu Kollegen bereichert ungemein im Gedankenaustausch und im Vorantreiben von gemeinsamen Projekten. Messen, Reisen, überhaupt alle Erfahrungen, die Einblicke in andere Bereiche und Lebensumstände gewähren, sind Mosaiksteine, um Innenarchitektur zu zelebrieren. Eine gute Innenarchitektur zeichnet sich vor allem dadurch aus, dass – neben der Gestaltung – in gleicher Weise alle funktionalen, wirtschaftlichen und nachhaltigen Aspekte im richtigen Gleichgewicht zueinander gebracht werden.
Alle Impulse verknüpfen!
Bei aller Suche nach den richtigen Parametern ist allerdings auch die eigene wirtschaftlich stabile Situation immer ein wesentlicher Baustein. Wirtschaftsexperten sprechen bei betrieblichen Beratungen unter anderem vom Fokussieren, Rationalisieren und Spezialisieren. Aber genau diese Denkansätze scheinen auf den ersten Blick Kreativität und Visionen zu verhindern. Doch ich bin überzeugt, dass unsere Ideen noch besser werden, wenn wir Impulse aus allen Bereichen des gestalterischen und wirtschaftlichen Tuns neu verknüpfen. Es ist eine Kunst, Dinge stets zu hinterfragen, die genauen Zusammenhänge zu erkennen, aus jedem Aspekt die positiven Dinge für sich zu verbuchen, um daraus eigene Strategien zu entwickeln – um weiter zu lernen. Es lohnt sich auf jeden Fall, denn dieser Berufszweig ist vielfältiger, interessanter und schöner als viele andere.
Sibylle Kasel, Freie Innenarchitektin, Seifertshain/Leipzig
Erschienen in der AIT 7/8 2015
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